Rom: Ewig lockt die Stadt

Aventin

Wollte man erklären, was Rom eigentlich sei, wäre es vermutlich einfacher, mit dem Gegenteil zu beginnen: Was ist Rom eigentlich nicht? Die ewige Stadt bietet alles, was das Herz begehrt: Kunst und Glauben, Esskultur, Kaffeebars und Lebensfreude. Und vor allem: ganz wunderbare Menschen.

Scherbenviertel: Monte Testaccio

Eine gewaltige Abfallhalde bildet Roms achten Hügel, ein kleines Weltwunder antiken Handels und genialer Nachhaltigkeit. Es dürften über 50 Millionen Amphoren sein, die – aufgetürmt zum 45 Meter hohen Monte Testaccio – einem ganzen Stadtteil den Namen geben: Testaccio nach Lateinisch „testae“ für Scherben. In den hier entsorgten Tongefäßen wurden Grundnahrungsmittel aus dem ganzen Mittelmeergebiet per Schiff bis in die Hauptstadt des römischen Reiches befördert: Getreide, Öl und Wein. Rund 70 Liter fassten die Amphoren, gewissermaßen die Vor-Vor-Vorläufer heutiger Container. Nach der Lieferung wurden sie vor Ort entsorgt – und zwar ökologisch korrekt. Millionen Keramikscherben sind heute von Gras und Bäumen überwuchert. Im Herzen des Monte Testaccio mit seinem Umfang von fast 1.000 Metern können Archäologen die römischen Wirtschaftsbeziehungen bis hin zu einzelnen Herstellern in Nordafrika nachvollziehen. Der einstige „Bauch“ von Rom kann sein Erbe nicht verleugnen. Noch heute befindet sich rund um den Monte Testaccio ein lebendiges Ausgehviertel mit einer wunderbaren Markthalle. Im Mercato di Testaccio lässt sich ein Blick auf die Vielfalt römischer Küche werfen, die so ziemlich alles verwertetet, bis hin zu Spezialitäten wie Leber oder Kutteln. Auch das ist Nachhaltigkeit, die wir wieder lernen könnten.

Monte Testaccio
Mercato di Testaccio

Kaum zu glauben: eine heilige Treppe

Manche bleiben ungläubig stehen und staunen über die Pilgerinnen und Pilger, die auf Knien die 28 Stufen der Scala Sancta nach oben rutschen, beten, den Boden berühren, innehalten und betend die nächste Stufe nehmen. Schließlich ist das nicht irgendeine Treppe, nach römisch-katholischer Überlieferung führte sie zum Prätorium des Pontius Pilatus in Jerusalem. Sie also beschritt Jesus Christus während der Passion auf dem Weg zu seinem Prozess, weshalb Gläubige die Heilige Treppe nur auf Knien betreten. Der Legende nach brachte sie die Heilige Helena im vierten Jahrhundert nach Rom. 1724 ließ sie Papst Benedikt XIII. mit Holz verkleiden, da ihre Marmorstufen durch Tausende von Pilgern bereits ziemlich abgenutzt worden waren. Erst 2019 wurden sie für Restaurierungsarbeiten kurz freigelegt. Von April bis Juli des Jahres konnten Pilger die seit fast 300 Jahren geschützte Marmortreppe direkt besteigen, was einen Riesenandrang auslöste. Drei Aussparungen im Holz erlauben es, den darunterliegenden Stein zu sehen. Die Scala Sancta entfaltet einen ganz eigenen Zauber. Wenige nur bleiben stehen und beobachten die Pilger von Ferne. Die Treppe wirkt wie eine Aufforderung, es ihnen nachzutun. 28 Stufen bilden eine Meditationseinheit, schmerzende Knie inclusive. Als Belohnung gibt es im Shop einen kleinen Anhänger mit dem Bild der Heiligen Treppe.

 

Abseits des Trubels: der Aventin

Machen wir uns nichts vor: Es gibt keine Geheimtipps mehr in Rom, keine unbekannten Adressen und keine abgeschiedenen Orte. Aber wer fährt schon in die Hauptstadt der Welt, um Ruhe zu haben? Neben Vatikan, Spanischer Treppe, Pantheon, Trevi Brunnen, Colosseum und Bocca della Verità gibt es einiges zu entdecken: den Aventin etwa, den antiken Hügel der Wohlhabenden. Das grüne Viertel im Süden bietet das wohl berühmteste Schlüsselloch Roms an der Piazza dei Cavalieri di Malta. Das Tor bietet einen Blick auf den von grünen Hecken perfekt gerahmten Petersdom. Der Eingang zur Malteser Klosteranlage ist leicht zu finden – einfach der Schlange folgen. Auch sonst prägen den Aventin schattige Gärten. Ein paar Schritte weiter erheben sich die schlanken Säulen der Basilika Santa Sabina, für viele eine der besterhaltenen frühen Kirchen Roms. Völlig aufgeräumt und ruhig liegt das Kirchenschiff, in dem die Schritte der Besucher verhallen. Auf dem Vorplatz der sprudelt der „Mascherone di Santa Sabina“, eine groteske Maske von Giacomo della Porta, die einst auf dem Forum Romanum für Erfrischung sorgte und auf dem Quirinal, bevor sie 1936 hierher versetzt wurde. Im Wasserstrahl und der gurgelnden Wanne spiegeln sich die Wolken Roms. Jetzt wird es wieder Zeit, unter Menschen zu gehen.

Piazza dei Cavalieri di Malta
Checchino dal 1887, Via di Monte Testaccio 30

Tipps

Speisen im Bauch von Rom: Checchino dal 1887, Via di Monte Testaccio 30,
https://checchino-dal-1887.com

Pilgern auf der heiligen Treppe: Scala Sancta, direkt gegenüber der Lateransbasilika, Nr. 15 auf dieser Karte:
https://web.stanford.edu/group/spatialhistory/nolli/#%5B12.5058%2C41.8865%5D

Blick durch das berühmteste Schlüsselloch Roms auf den Petersdom: Piazza dei Cavalieri di Malta

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